Ein Arbeitsunfall kann auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer nicht seiner Arbeit nachgeht. Neben den klassischen Wegeunfällen ist dies auch bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen, wie etwa Jubiläums- oder Weihnachtsfeiern möglich. Der Arbeitnehmer steht dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, er hat Anspruch auf Heilbehandlung zulasten der Berufsgenossenschaften, auf Verletztengeld und ggf. eine Verletztenrente.
Es müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
In jedem Fall muss es sich um eine echte Gemeinschaftsveranstaltung des Betriebs handeln. Die Feier muss allen Beschäftigten des Betriebes, in Einzelfällen auch einer Abteilung oder eines Sachgebietes offen stehen. Die Veranstaltung muss alle ansprechen, nicht nur einen ausgewählten Kreis von Beschäftigten, wie beispielsweise nur die Fußballfans. Es müssen ausdrücklich alle eingeladen sein.
Sinn der Veranstaltung muss sein, eine Förderung der Betriebsgemeinschaft herbei zu führen, das sogenannte „Wir-Gefühl“ zu stärken.
Das Bundessozialgericht hat sich in einer Entscheidung vom 05.07.2016, Aktenzeichen B 2 U 19/14 R deutlich dazu positioniert, dass es an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht festhält, wonach die Unternehmensleitung zwingend an einer Feier teilnehmen müsse, damit eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz steht.
Nach der bisherigen Rechtsprechung stand eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, die nur der Verbundenheit der Beschäftigten untereinander, nicht aber der Verbundenheit zwischen Beschäftigten und Unternehmensleitung diente, nicht unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.
Nunmehr sieht es das BSG vor dem Hintergrund einer sich veränderten Arbeitswelt als nicht mehr notwendig an, dass die Betriebsleitung persönlich an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung teilnimmt, damit der betriebliche Zweck der Stärkung der Verbundenheit der Beschäftigten erfüllt ist.
Die Veranstaltung muss zudem „im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung“ durchgeführt werden. Dafür genügt es beispielsweise, dass die Unternehmensleitung in einer Sitzung festhält, dass es gewünscht und gewollt ist, dass in den jeweiligen Abteilungen eine Weihnachtsfeier stattfindet und dies mit einigen Vorgaben hinsichtlich des finanziellen und zeitlichen Rahmens verbunden wird.
Einige Betriebsveranstaltungen richten sich auch an Familienangehörige und Bekannte. Hier hat das Bundessozialgericht am 15. November 2016 (AZ: B 2 U 12/15 R) entschieden, dass eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung dann nicht vorliegt, wenn die Veranstaltung von vornherein Familienangehörigen und Bekannten offensteht. Nach Auffassung des Gerichts stärkt dies zwar das Betriebsklima, aber es stärkt eben nicht das „Wir-Gefühl“ der gesamten Belegschaft. Vor allem dann nicht, wenn kein verbindliches Programm für alle Mitarbeiter vorgesehen ist.
Es ist leider keineswegs einfach, festzustellen, ob nun eine Betriebsveranstaltung vorliegt, die unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht oder nicht. Daher sollten in den Betrieben, Behörden und Institutionen im Interesse der Beschäftigten eindeutige Absprachen getroffen werden, die es ermöglichen, dass die Beschäftigten unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch einmal feiern dürfen.
Übrigens der Versicherungsschutz erlischt, wenn etwa übermäßiger Alkoholkonsum die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls ist...I
Ich hoffe, Sie sind alle unfallfrei über die Feiertage ins neuen Jahr gekommen !
Constanze Würfel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht