„Hartz IV“-Härtefall-Zuschläge beantragen !

von Sebastian Obermaier

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – erkannt, dass dem SGB II eine Härtefallregelung fehlt und diese (im Rahmen einer einstweiligen Anordnung bis zur gesetzlichen Neuregelung) mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzt. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, den typischen Bedarf zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums durch einen monatlichen Festbetrag abzudecken. Das Gesetz muss dann jedoch eine Härtefallöffnungsklausel für atypische Fälle haben. Das Bundesverfassungsgericht hat (offenbar ganz bewusst) von der konkreten Ausgestaltung der – jedoch mit sofortiger Wirkung in Kraft gesetzten – Härtefallregelung abgesehen. Um den Behörden die Arbeit zu erleichtern - und offenkundig auch, um die Kosten möglichst gering zu halten -, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Positiv- und Negativliste erstellt. „Positivliste“ • Kosten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts mit den Kindern (Fahrt- oder Übernachtungskosten) • Putz- oder Haushaltshilfe für Rollstuhlfahrer • Im besonderen Einzelfall: Kosten für Nachhilfeunterricht • Im Ausnahmefall: nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (z.B. Hautpflegeprodukte bei Neurodermitis oder Hygieneartikel bei ausgebrochener HIV-Infektion) „Negativliste“ • Praxisgebühr • Bekleidung für Übergrößen • Brille • Waschmaschine • Zahnersatz • Orthopädische Schuhe Ob die Negativliste der sozialgerichtlichen Überprüfung, insbesondere im jeweiligen Einzelfall, stand hält, bleibt abzuwarten. Dass die Positivliste unvollständig ist, räumt das Ministerium ausdrücklich ein. Denkbar sind beispielsweise auch folgende Fälle: • Nicht verschreibungspflichtige Medikamente bei Unverträglichkeit des verschreibungspflichtigen Medikaments (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen 07.02.2008 – L 7 B 313/07 AS-). • Bekleidungskosten bei außergewöhnlichem Wachstumsschub (vgl. LSG Hessen 29.10.2008 – L 6 AS 336/07 - Tz. 112, sofern man darin keine Erstausstattung im Sinne des § 23 Abs.3 SGB II sieht). • Beiträge zum Basistarif der privaten Krankenversicherung (vgl. SG Karlsruhe 10.8.2009 – S 5 AS 2121/09 -, sofern man § 26 SGB II nicht gegen den Wortlaut erweiternd auslegt). • Sofern keine andere Regelung eingreift: Schülerbeförderungskosten (vgl. SG Aurich 14.3.2008 – S 25 AS 822/07 -, hierzu jedoch ablehnend: Bundessozialgericht 28.10.2009 – B 14 AS 44/08 R -). • Sofern keine andere Regelung eingreift: gleichzeitiges Schulmaterial für 5 Kinder einer Alleinerziehenden (vgl. SG LSG Nordrhein-Westfalen 15.4.2009 – L 7 B 401/08 AS -). Entscheidend ist zunächst, dass die Bedürftigen den Behörden umgehend möglichst umfassend zur Kenntnis bringen, warum sie meinen, dass in ihrem Einzelfall ein Härtefall vorliegt.

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Von Sebastian Obermaier

Verfassungswidrigkeit der Regelleistungshöhe ?

Etwaige „Hartz IV“-Nachzahlung durch Überprüfungsantrag sichern !

Das Bundesverfassungsgericht hat sich aufgrund der Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts – B 14 AS 5/08 R – vom 27.01.2009 sowie des Hessischen Landessozialgerichts – L 6 AS 336/07 – vom 29.10.2008 mit der Frage zu befassen, ob die gemäß dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch gewährten Regelsätze verfassungsgemäß sind. Das Bundessozialgericht hat die Vorlagefrage auf die bloß 60%ige Regelleistung für Kinder bis 14 beschränkt; das Hessische Landessozialgericht hat alle Regelleistungssätze zur Überprüfung vorgelegt.

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Von Christoph May

Anspruch auf Übernahme von Betriebskostennachzahlungen durch die ARGE bei Antragstellung nach Fälligkeitstermin

Das Sozialgericht Leipzig hat mit Urteil vom 12. Juni 2007 (AZ: S 15 AS 2029/06) entschieden, dass auch ein Anspruch von Arbeitslosengeld-II-Beziehern auf Übernahme des Nachzahlbetrages aus einer nach Fälligkeitstermin bei der ARGE eingereichten Betriebskostenabrechnung besteht.

Es wandte sich damit gegen eine weit verbreitete Praxis der ARGEN, bei einem Übernahmeantrag nach einer vom Vermieter gesetzten Nachzahlungsfrist (oder auch nach Monatsfrist), den Antrag als verspätet abzulehnen und die Übernahme der Betriebskostennachzahlung zu verweigern.

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Von Andrea Reinsch

Pauschalabzug für Wassererwärmung von Regelleistung rechtswidrig

Das Sächsische Landessozialgericht hat in einer aktuellen Entscheidung vom 29.03.2007, L 3 AS 101/06, die Auffassung vertreten, dass die bisher vom Regelsatz des Arbeitslosengeld II vorgenommenen Abzüge für die Warmwasserbereitung in Höhe von 8,18 € für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft und 3,58 € für jede weitere Person nicht gerechtfertigt sind.

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Von Cornelia Gürtler

Arbeitslosengeld auch während Wiedereingliederung

Eine Maßnahme zu stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben läßt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht entfallen.

Eine kranke Arbeitnehmerin erhielt nach dem Ende des Krankengeldanspruchs (nach 78 Wochen) Arbeitslosengeld gemäß § 125 SGB III. Dabei handelt es sich um eine sog. Nahtlosigkeitsregelung, wonach die Arbeitsagentur auch während einer längeren Minderung der Leistungsfähigkeit, insbesondere während eines noch laufenden Antragsverfahrens auf Erwerbsminderungsrente, Arbeitslosengeld zahlen muß.

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Von Cornelia Gürtler

Kein Anspruch auf Übernahme Stellplatzmiete

Schwerbehinderte Menschen haben keinen Anspruch auf Übernahme beruflich bedingter Stellplatzmiete für ihren PKW.

Eine berufstätige Frau, welche aufgrund ihrer Körperbehinderung auf einen Rollstuhl angewiesen ist, konnte auf dem Gelände ihres Arbeitgebers einen PKW-Stellplatz nur gegen Zahlung einer monatlichen Miete nutzen. Zwar gab es auch eine kostenlose Abstellmöglichkeit. Dies war jedoch 500m entfernt.

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Von Andrea Reinsch

Gepfändetes Einkommen – Anrechnung beim ALG II?

Immer wieder ergehen ablehnende oder der Höhe nach falsche, weil zu geringe Leistungen bewilligende, Bescheide der Sozialbehörden. Diese berücksichtigen Pfändungen von Arbeitseinkommen oder freiwillige Schuldentilgungen im Rahmen von Insolvenzverfahren nicht als Abzugspositionen, sondern setzen diese Beträge trotzdem als Einkommen nach § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II an.

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Von Constanze Würfel

Recht der Arbeitsförderung

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld kann (nach § 147 Abs. 2 SGB III) grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind. Ausnahmen von dieser Verfallsfrist waren bislang von der Rechtssprechung auch in Härtefällen nicht zugelassen wurden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist jedoch eine Ausnahme dann unumgänglich, wenn der Arbeitslosengeld-Bezug durch das zwingende Beschäftigungsverbot nach der Entbindung (gemäß § 6 Abs.

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